>> Teil 2: Mit harten Positionen auf verlorenem
Posten
>> Teil 3: Der Kuchen ist größer als du
denkst
Wo verhandelt wird, wird oft gefeilscht. In solchen „harten Verhandlungen“ sehen sich die Teilnehmer als Gegner. Sie setzen eher auf Misstrauen und meinen, sie müssten Maximales fordern, um ein
Minimum zu erreichen. Derjenige, der sich von seiner Ausgangsposition weniger weit entfernen musste, mag sich für erfolgreich halten. Doch da könnte er sich täuschen. Erstens, weil Kräfte sinnlos
vergeudet werden: Wer mit Maximalforderungen signalisiert, dass es so und nicht anders laufen müsse, provoziert Gegenwehr – Zugeständnisse geraten in weite Ferne. Zweitens, weil sich der Gewinner
häufig nicht lange über seinen Erfolg freuen kann: Demnächst droht die Revanche des Besiegten. Drittens, weil selbst die siegreiche Partei häufig nicht bekommt, was sie braucht: Sie hat im
Gerangel das ursprüngliche Problem wie auch ihre langfristigen Interessen aus den Augen verloren und verschließt sich interessanten Kompromissen, weil sie von ihren Positionen selbst nicht mehr
loskommt. Ein Beispiel: Ein Freiberufler möchte einen Raum anmieten, der als Geschäftsstandort ideal läge. Der Vermieter fordert – er will ja noch Spielraum haben – eine überzogene Miete. Prompt
setzt der Freiberufler dagegen und bietet einen unrealistisch niedrigen Betrag. Das Feilschen beginnt und die Verhandlung scheitert an den unvereinbar scheinenden Positionen. Das Nachsehen haben
beide Seiten: Der Vermieter, weil ihn der Aufwand, einen anderen Mieter zu finden, mehr kosten wird als ein Entgegenkommen. Der Freiberufler, weil es zur günstige Lage kaum eine Alternative gibt
und die Vorteile auch eine etwas höhere Miete erlauben würden. Ein offenes Gespräch hätte beiden mehr gebracht: Sie hätten sich über sachliche Kriterien für den Mietpreis unterhalten können, zum
Beispiel auf Grundlage des Mietspiegels der Gemeinde. Sie hätten über kreative Lösungen diskutieren können. Vielleicht wäre der Vermieter bereit gewesen, einen Teil der Miete gegen
Renovierungsarbeiten oder Dienstleistungen der Freiberuflers zu erlassen. Viel Wenn und Aber. Man weiß es nicht. Weil man nicht wirklich miteinander geredet hat.
Um die schädlichen Nebenwirkungen harten Verhandelns zu vermeiden, geben manche Menschen schnell nach. „Lieber eine Verhandlung als einen Freund fürs Leben verlieren“, scheint ihre Maxime zu
lauten. Ist der weiche Verhandlungsstil der bessere? Ja – wenn man weich mit flexibel, freundlich und fair übersetzt. Wer aber seine Interessen (und womöglich auch die anderer, deren Vertreter er
ist) opfert, um nur nicht anzuecken, läuft Gefahr, von anderen wie ein Fähnlein im Wind wahrgenommen zu werden. Und bleibt – genau wie der harte Verhandler – auf der Ebene bloßer Positionen
hängen, vergibt also ebenfalls die Chance, Probleme wirklich zu lösen. Nein, nett und nachgiebig zu sein, ist nicht die Alternative. Es gibt einen konstruktiven Mittelweg. Den stellt Ihnen das
folgende Kapitel vor.
Wo verhandelt wird, ist Streit oft nicht weit: Konflikte sind häufig der Ausgangspunkt einer Verhandlung und nicht selten ihre Folge: Wo mit harten Bandagen gerungen wird, gedeihen keine
verträglichen Beziehungen. Wie findet man einen Ausweg aus dem Dilemma? Zunächst sollte man sich klar machen, dass jede Verhandlung zwei Ebenen hat: Auf der einen geht es um den
Verhandlungsgegenstand, auf der anderen um die Art, wie verhandelt wird, die „Spielkultur“ also. Ob man hart oder weich verhandelt, ist eine Frage dieser zweiten Ebene. Ob bewusst oder unbewusst:
Mit jedem Spielzug prägen die Parteien das Verhandlungsklima. Sie haben die Wahl – aber nicht nur zwischen hartem und weichem Verhandlungsstil. Sie können sich auch für eine dritte Variante
entscheiden.
Das Harvard-Konzept: Mit Offenheit neue Perspektiven gewinnen
Dieses Verfahren wird „sachgerechtes Verhandeln“ genannt und beruht auf dem „Harvard-Konzept“. Es basiert auf der Erkenntnis, dass Feilschen selten zu befriedigenden Ergebnissen führt und hat zum
Ziel, eine praktikable Verhandlungsmethode zu beschreiben, die zu fairen Ergebnissen führt. Damit ist kein fauler Kompromisse gemeint, sondern eine Strategie, die ein konstruktives Klima und
plausible Lösungen erzeugt. Ob es gelingt, hängt natürlich auch vom Gegenüber ab. Doch man kann ihn positiv beeinflussen – und es ihm schwer machen, das Feilschen fortzusetzen. Indem man nämlich
konsequent den vier Prinzipien des Harvard-Konzepts folgt:
Führungskräfte verstehen sich gern als rationale Manager, die sich von sachlichen Erwägungen leiten lassen. Aber auch Manager bringen Bedürfnisse und Gefühle mit in die Verhandlung. Sie wünschen
sich Erfolg und Wertschätzung. Und reagieren auf Enttäuschungen mit Ärger und Abwehr. Beginnt eine Verhandlung mit einer belasteten Beziehung oder verschlechtert sich die Beziehung während des
Verhandelns, hilft nur eine Unterbrechung, denn wo vermeintlich Sachfragen diskutiert werden, haben in Wahrheit längst Gefühle das Kommando übernommen.
Klare Beziehung – Klare Sache
Das „Problem Mensch“ besteht in Verhandlungen also darin, dass die persönliche Beziehung unbemerkt die Sachebene beeinflusst. Solange es auf der Beziehungsebene vor Spannung knistert, werden auch
hier die Funken sprühen. Erst nachdem der persönliche Konfliktstoff bereinigt ist, besteht Aussicht auf eine sinnvolle Einigung über den Verhandlungsgegenstand.
Drei Grundbegriffe helfen, mehr Ordnung ins Dickicht des emotionalen Untergrunds von Verhandlungen zu bringen: Vorstellungen, Kommunikation und die Gefühle, die sie auslösen.
Widerstreitende Vorstellungen
Sie haben Vorstellungen, welcher Verhandlungsverlauf und welches Ergebnis für Sie günstig oder ungünstig wäre? Der andere auch! In diesem Spannungsfeld gerät die Beziehung der Verhandlungspartner
leicht zwischen die Fronten. Um so besser Sie verstehen, welche Wünsche und Werte, Hoffnungen und Befürchtungen Sie von Ihrem Gegenüber trennen, desto besser können Sie darauf reagieren. Ob Sie
die Einschätzungen des anderen teilen, spielt keine Rolle. Sie sind Realität, einfach deshalb, weil Ihr Gegenüber sie in die Verhandlung mitgebracht hat. Sie mit Geringschätzung zu übergehen,
trägt eher dazu bei, sie zu verstärken. Stellen Sie also Ihr Urteil zurück und versuchen Sie, sich an seine Stelle zu versetzen: Was bewegt ihn? Welche Motive sind hinter seinen Forderungen zu
erkennen? Wenn Sie die Beweggründe erkennen und wertfrei ansprechen, hat ein klärendes Gespräch über die Missstimmung eine Chance.
Knackpunkt Kommunikation
Selbst Menschen, die sich seit Jahrzehnten kennen, haben mit Missverständnissen zu kämpfen. Sprache ist so launisch wie die wechselnden Stimmungen von Menschen. Ob die Botschaft den Empfänger so
erreicht, wie sie gemeint war, hängt oft von Kleinigkeiten ab. Es liegt vor allem an drei Problemen, dass der Pass in der Kommunikation oft nicht ankommt:
Und wie umkurvt man diese Stolpersteine? Vor allem folgende Mittel und Methoden haben sich bewährt:
Gefühle
Wenn negative Gefühle aufkommen, geraten Verhandlungen in emotionale Turbulenzen oder in ein frostiges Klima – und in der Sache lässt sich nichts mehr kontrolliert bewegen. Denn die Auswirkungen
von Ärger oder Enttäuschung auf die Verhandlungsführung sind nicht zu unterschätzen:
Eine beispielhafte aber nicht vorbildliche Verhandlungsführung ohne Beziehungsklärung: Ein Unternehmen mit zwei Standorten, die jeweils einer der beiden Gesellschafter führt, gerät wegen
einer Marktflaute in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das ganze Unternehmen ist betroffen, doch Standort B, wo ein neuartiges Produkt vertrieben wird, in besonderem Maße. Dessen
geschäftsführender Gesellschafter 2 sieht sich nun mit immer dringlicheren „Spar-Appellen“ konfrontiert. Klar, Kostensenkung ist ein Thema – aber bitte keine Belehrungen mit erhobenem
Zeigefinger. Und überhaupt: Soll doch Standort A bei sich beginnen, schließlich werden da auch keine schwarzen Zahlen mehr geschrieben. Gesellschafter 1 gerät angesichts der Abwehr seiner
Ratschläge und der zunehmend stärker empfundenen Ohnmacht in Rage und fordert, nachdem sich die Kommunikation vom persönlichen Gespräch auf den Mailaustausch verlagert hat, per Anwalt die
gesellschaftsrechtliche Trennung der Standorte. – Dieser Fall stammt aus der Praxis. Die Gesellschafter sind Brüder, die schließlich versucht haben, die Verhandlung durch Einschaltung von
Familienmitgliedern zu retten. Familien mögen für vieles gut sein – dafür, Sach- und Beziehungsfragen voneinander zu trennen, sind sie es selten. So endete der „Familierat“ in einer Eskalation.
Fünf Jahre herrschten zwischen den Mitbrüdern und -gesellschaftern, nachdem sie die Standorte provisorisch, aber rechtlich ungenügend voneinander abgespalten hatten, Schweigen. Erst in einer
anschließenden Wirtschaftsmediation, in der zunächst die Beziehungsfragen geklärt wurden, fanden sie in der Sache eine gütliche Lösung.
Emotionale Querschläger: Beobachten und Beseitigen
Fünf Jahre Schweigen und ungeklärte Verhältnisse: Es lohnt sich, gestörten Beziehung in einer Verhandlung Aufmerksamkeit zu schenken. Dafür muss man Störungen der Beziehung aber erst einmal
erkennen: Beobachten Sie genau, wo – bei Ihnen und Ihrem Verhandlungspartner – Gefühle das Spiel bestimmen. Und dann sollten Sie, um das Stimmungstief aufzulösen, ...
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denkst
Ass. jur. André Testrut
Wirtschaftsmediator (IHK)
Kaiserstraße 61
D-60329 Frankfurt am Main
Telefon: 069 / 27 22 76 55
E-Mail: info@sokratest.net
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Diese Klausel gehört in jeden Vertrag!
Die Wirtschaftsmediatoren (IHK) empfehlen, in jeden Vertrag folgende Mediationsklausel aufzunehmen:
"Die Vertragsparteien verpflichten sich, im Falle einer sich aus diesem Vertrag ergebenden oder sich darauf beziehenden Streitigkeit eine Mediation durchzuführen, bevor sie bei einem ordentlichen Gericht (oder Schiedsgericht) Klage erheben."
Konflikte sind wie Schnürsenkel -
wer sie offen lässt, droht zu stürzen.