Bewegung erzeugt Reibung. Konflikte gehören deshalb in agilen Unternehmen zum Alltag. Schädlich sind sie nur, wenn sie ungelöst bleiben oder vor Gericht ausgefochten werden, denn dann droht
die Rentabilität zu leiden. Diesen oft unbemerkten, aber nicht unerheblichen Konfliktschäden wirkt die Wirtschaftsmediation entgegen.
Aktives Konfliktmanagement ist gewinnbringend
Produktivitätsverluste durch sinkende Motivation von Mitarbeitern, das Scheitern von Partnerschaften und Kunden-Lieferanten-Beziehungen, der Aufwand der Rechtsverfolgung und Imageschäden durch
schlechte Presse: Müssten Bilanzen solche Effekte als Passiva ausweisen, stünde aktives Konfliktmanagement weiter oben auf der Tagesordnung der Unternehmen. Eines der erfolgreichsten Verfahren,
Streit in eine kooperative Auseinadersetzung zu wandeln, ist die Wirtschaftsmediation. Während sie zum Beispiel in den USA bereits seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird, verhalten sich
deutsche Unternehmen noch abwartend. Was auch an fehlenden Informationen über die Mediation liegt. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, im dem die Parteien mit Unterstützung des Mediators die
Konfliktlösung selbst aushandeln. Anders als vor Gericht delegieren sie die Entscheidung also nicht – auch nicht an den Mediator. Er ist weder Anwalt noch Richter, sondern ein neutraler Experte
für die Kommunikation im Konflikt. Schritt für Schritt leitet er die Parteien in vertraulichen Gesprächen – ohne lästige „Begleitmusik“ der Medien – vom Schlagabtausch zum konstruktiven Austausch
über gemeinsame Interessen. In sieben von zehn Fällen gelingt es den Parteien mit seiner Unterstützung, sich zu einigen, und zwar meist schon nach wenigen Terminen, was Zeit und Kosten spart.
Nicht selten mit überraschendem Ausgang, nämlicher einer Lösung, die den Parteien neue, zukunftsweisende Perspektiven eröffnet.
Kooperation statt Konkurs
Ein Fall aus der Praxis: Ein Software-Unternehmen, das für einen Versicherer ein maßgeschneidertes Programm entwickelt, gerät in Verzug. Der Kunde stoppt Zahlungen, der protestierende Entwickler
gerät in Finanznot. Beide Seiten beharren auf ihrem „guten Recht“ und als Folge droht das für beide schlechteste Resultat: Der Entwickler geht in Konkurs, der Versicherer kann die bisherigen
Zahlungen abschreiben und erleidet mangels wettbewerbsfähiger Software empfindliche Nachteile. In dieser scheinbar ausweglosen Lage lassen sich die Parteien auf eine Wirtschaftsmediation ein –
und finden bald eine Lösung, die ihnen auch im Vergleich zur Ausgangslage einen Mehrwert beschert: Nachdem sich der Entwickler zum Verzug bekannt und aufgedeckt hat, dass Liquiditätsengpässe die
Ursache waren und der Versicherer die Qualität der bisherigen Entwicklungsschritte anerkannt hat, verständigen sie sich auf ein für beide Seiten aussichtsreiches Joint Venture.
Auch Manager sind Menschen
Warum brauchen Manager, auf rationales Handeln geeicht, im Konflikt einen Mediator? Weil Konflikte, dem sachlichen Auftreten der Argumente zum Trotz, auf der Beziehungsebene entstehen. Weil auch
Manager auf Enttäuschungen mit Empörung und Empfindlichkeiten reagieren – und dem Willen zur Selbstbehauptung. Das hatte auch im Fallbeispiel zu harten Positionen mit rückwärts gewandtem Blick
geführt – auf Ansprüche, die längst nicht mehr zu realisieren waren. Erste Aufgabe des Mediators ist deshalb stets, der emotionalen Seite des Konflikts zu ihrem Recht zu verhelfen. Er gibt den
Parteien Raum, ihren Unmut zu äußern und schenkt ihnen seine Aufmerksamkeit. Das mindert den Druck und stärkt die im Konflikt gestörte Bereitschaft, sich selbst und den anderen differenziert zu
beurteilen. Der richtige Zeitpunkt für die Sachfragen, in deren Mittelpunkt zwei Überlegungen stehen: Was die Parteien bei einem Scheitern der Verhandlung zu verlieren hätten und ob es nicht
gemeinsame Interessen gibt, für die sich die Suche nach konstruktiven Lösungen lohnt. Als Katalysator nutzt der Mediator in diesem Stadium nicht zuletzt Fragetechniken, die den verengten Blick
Richtung Zukunft weiten. So wandeln sich sukzessive starre, gesprächsfeindliche Forderungen in einen offenen Dialog.
Was besagt der Titel?
Wirtschaftsmediatoren fungieren in diesem Prozess als eine Art Scout. Ob sie die Landkarte zu lesen verstehen, darüber besagt der Titel Mediator allerdings nichts, da er noch keinen gesetzlichen
Schutz genießt. Die Branche selbst ist gefordert und hat Ausbildungsstandards zum Umfang, der theoretischen Fundierung und ihrer Umsetzung in die Praxis entwickelt. Was genau Unternehmen von
einem (Wirtschafts-)Mediator erwarten sollten, lesen Sie im Beitrag Kriterien für einen kompetenten Mediator.
Ass. jur. André Testrut
Wirtschaftsmediator (IHK)
Kaiserstraße 61
D-60329 Frankfurt am Main
Telefon: 069 / 27 22 76 55
E-Mail: info@sokratest.net
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Fanden Sie ihn nützlich? Oder leider weder noch? So oder so: Wir freuen uns über Ihr Feedback!
Diese Klausel gehört in jeden Vertrag!
Die Wirtschaftsmediatoren (IHK) empfehlen, in jeden Vertrag folgende Mediationsklausel aufzunehmen:
"Die Vertragsparteien verpflichten sich, im Falle einer sich aus diesem Vertrag ergebenden oder sich darauf beziehenden Streitigkeit eine Mediation durchzuführen, bevor sie bei einem ordentlichen Gericht (oder Schiedsgericht) Klage erheben."
Konflikte sind wie Schnürsenkel -
wer sie offen lässt, droht zu stürzen.