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07.15

Zur Jahresmitte 2015 wollen wir Sie mit einigen Neuigkeiten zur Welt der Wirtschaftsmediation versorgen.


Zertifizierung / Hinweis:
Vor zwei Jahren  ist das Mediationsgesetz (MediationsG) in Kraft getreten. In § 5 Abs. 2 ist der „zertifizierte Mediator“ erwähnt. Diesen Titel darf jeder Mediator führen, der den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 MediationsG erfüllt. Die Krux: diese Rechtsverordnung ist noch immer nicht erlassen. Nach einer Anhörungsfrist, bei der Verbände und Handelskammern ihre Stellungnahmen eingereicht haben, liegt der Ball nun wieder im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV).

Einige Tendenzen lassen sich jedoch bereits aus dem Verordnungsentwurf herauslesen:

  • Die Dauer der Ausbildung zum „zert. Mediator“ soll mindestens 120 Zeitstunden betragen.

  • Zert. Mediatoren sollen sich regelmäßig fortbilden und dies dokumentieren. Es wird von mindestens 20 Zeitstunden innerhalb von zwei Jahren gesprochen.

  • Zert. Mediatoren sollen regelmäßig Mediationsverfahren durchführen und auch dokumentieren. Es wird an mindestens vier Mediationsverfahren innerhalb von zwei Jahren gedacht.

Wie und wer diese Anforderungen überprüfen und die Erfüllung bescheinigen wird, ist noch unklar. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern mehrerer Verbände arbeitet an diesen Themen.

Wir werden den Prozess der Entstehung der Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungs-Verordnung - ZMediatAusbV) weiterhin beobachten und Sie mit weiteren Newslettern auf dem Laufenden halten, sobald es spannende und für uns relevante Neuigkeiten gibt.


Wir weisen an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass wir – nach derzeitigem Stand der Entwicklung – weiterhin den Titel "Zertifizierte/r Mediator/in" noch nicht führen dürfen, da die Regelungen nach § 5 Abs. 2 und Abs. 3 des Mediationsgesetzes erst mit Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach § 6 dieses Gesetzes wirksam werden. Erst nach Erlass dieser Rechtsverordnung stehen die Anforderungen definitiv fest, die Mediatoren erfüllen müssen, um die Bezeichnung "Zertifizierte/r Mediator/in" führen zu dürfen.


Frankfurt-RheinMain-Peergroup für Wirtschaftsmediatoren (IHK)

Bis 2008 hat sich eine Peergruppe unserer Vereinigung regelmäßig getroffen, um Erfahrungen auszutauschen sowie Mediationsfälle zu diskutieren oder sogar zu üben. Leider sind durch unterschiedliche Gründe die Aktivitäten der Gruppe irgendwann eingeschlafen. Deshalb möchten wir die Idee in diesem Jahr wieder aufnehmen: Wir planen, im Herbst 2015 eine Peergroup zu gründen, die sich 4-6-mal im Jahr treffen soll. Ziele und Themen:

  • Erfahrungsaustausch
  • Gegenseitiges Kennenlernen

  • Ideen zur Auftragsgenerierung: Marketing bzw. Akquise für Mediatoren

  • Kollegiale Fall-Supervision (wenn erwünscht)

  • Möglicherweise praktische Übungen durch Rollenspiele u.ä.

Wir stellen uns vor, dass sich die Gruppe abwechslungsweise an unterschiedlichen Orten trifft oder – zu späteren Terminen – teilweise sogar virtuelle Treffen gestaltet.

Wenn Sie interessiert sind, sind Sie herzlich eingeladen, mitzumachen. Schicken Sie uns eine kurze Mail, dann werden wir Sie für das erste Treffen im September anschreiben.


Gefühle sind der Schlüssel in der Mediation (Ein Zwischenruf)

Wenn Streitparteien nicht zu einvernehmlichen Lösungen finden, beruht das meist auf "inneren" Widerständen. Dann liegt der Schlüssel  zur Kooperation in den Gefühlen der Mitwirkenden. Das setzt von Mediatoren "weiche" Fähigkeiten voraus, die über reine Kommunikationsmethodik hinausgehen, nämlich Empathie und Mut.

 

Ein typischer Wirtschaftskonflikt: ein Streit zwischen einem Dienstleistungsunternehmen, das eine Liegenschaft mietet, und dem Vermieter, einem Immobilienfonds.  Es geht um eine Grundrenovierung, die der Vermieter nach 20 Jahren endlich durchführen soll, sowie um die Höhe der indexgebundenen Miete. Bisher ist es dem Dienstleistungsunternehmen nicht gelungen, den Vermieter von den nötigen Investitionen und einer Mietreduktion zu überzeugen. Als der Konflikt durch Drohungen und Vorwürfe eskaliert, entscheiden sich die Vertragspartner, einen Mediator einzuschalten.

Im Mediationsgespräch kommt man sich etwas näher. Die Atmosphäre ist allerdings lediglich von höflicher Distanziertheit geprägt, in der Sache kommt man nicht voran, denn jeder Vorschlag wird vom Mieter lediglich zurückhaltend aufgenommen. Auch der Vertreter des Immobilienfonds bewegt sich nicht wirklich auf den Mieter zu. Irgendwie verhandeln alle immerzu „mit angezogener Handbremse“.


Was geschieht hier eigentlich? Was steht einer sachlichen Lösung im Weg?


Wenn in Konflikten auch bei noch so sachlicher Diskussion keine Übereinkunft gefunden wird, liegt der Grund meistens auf der Beziehungs- bzw. Gefühlsebene. Dort sind die Emotionen „versteckt“, die im bisherigen Konfliktverlauf entstanden sind, denn wenn Streit eskaliert, kommt es oft zu gegenseitigen Abwertungen und verletzten Gefühlen. Meist werden diese nach außen allerdings nicht gezeigt, aus Scham vor einem Achtungsverlust, getreu der Regel „Gefühle haben bei Verhandlungen nichts zu suchen“. Trotzdem sind sie im Raum und blockieren sachliche Lösungen.

Bevor deshalb weiter auf der Sachebene nach Lösungen gesucht wird, muss die Beziehungsgeschichte aufgearbeitet, verletzte Gefühle erst geheilt oder versöhnt werden, um den Beteiligten überhaupt den Blick in die Zukunft zu ermöglichen, denn eine sachliche Lösung ist ohne Klärung der Beziehungsebene nicht möglich.

Kommunikationspsychologen und Verhandlungsexperten warnen deshalb: Bei Konflikten dürfen Verletzungen und Gefühle nicht ignoriert werden, denn wenn sie verdrängt werden, verstärken sie sich noch. Und hier ist der Mediator gefragt: nur wenn es ihm gelingt, das Innenleben der Beteiligten zu ergründen und zu interpretieren, kann er seine Aufgabe erfolgreich ausführen.


Ein Vermittler muss allerdings das Gefühlschaos erst einmal bemerken! Zwar ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass Einigungen nur über die Bauchebene gelingen. Trotzdem wird das Thema längst nicht mit der gebotenen Offenheit angesprochen. Im Gegenteil: zuweilen ist sogar ein verzweifelter Ausdruck in Gesichtern von Mediatoren auszumachen: „Hilfe Gefühle!“. Manche Fachleute – selbst gut ausgebildete – getrauen sich nicht auf das vermeintlich „verminte Gelände“ der Emotionen, sondern „lotsen“ die Parteien an der Gefühlswelt vorbei zu „sachlichen“ Kompromissen, die jedoch das Grundproblem des Konfliktes nicht beseitigen.

Ein Vermittler muss allerdings das Gefühlschaos erst einmal bemerken! Zwar ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass Einigungen nur über die Bauchebene gelingen. Trotzdem wird das Thema längst nicht mit der gebotenen Offenheit angesprochen. Im Gegenteil: zuweilen ist sogar ein verzweifelter Ausdruck in Gesichtern von Mediatoren auszumachen: „Hilfe Gefühle!“. Manche Fachleute – selbst gut ausgebildete – getrauen sich nicht auf das vermeintlich „verminte Gelände“ der Emotionen, sondern „lotsen“ die Parteien an der Gefühlswelt vorbei zu „sachlichen“ Kompromissen, die jedoch das Grundproblem des Konfliktes nicht beseitigen. Bei inneren Blockaden braucht es deshalb erst recht einen Mediator mit „den richtigen“ Fähigkeiten, also mit Erfahrung auf der Gefühlsebene und mit psychologischen Vorgängen, um die Widerstände wirksam anzugehen. Und mit Mut, die „relevanten“ Themen auf den Tisch zu bringen. Denn bei Widerstand kann meist nur noch der Mediator den Schlüssel zu Blockaden „ausgraben“ und das Gespräch wieder in Gang bringen.

In dieser kritischen Phase ist es geboten, allen genügend Raum zu bieten, ihre Geschichte zu erzählen und sie dabei mit viel Taktgefühl zu unterstützen, ihre versteckten Gefühle und Verletzungen auszudrücken. Zugleich müssen sie dazu ermuntert werden, ihre eigene Rolle und eigene abwertende Äußerungen zu reflektieren. Sobald alle Emotionen und „Wirklichkeiten“ ausgesprochen und anerkannt sind und sich jede Seite verstanden fühlt, ändert sich die Atmosphäre meist ganz von alleine: Starre und Entfremdung weichen und der Dialog wird wieder lösungsorientiert.

So auch in unserem Eingangsfall: Das feine Gespür des Mediators sagt ihm, dass etwas in der Luft liegt. In Einzelgesprächen mit jeder Partei werden dann auch wirklich die Schlüssel für die Rückkehr zur Sachebene gefunden. Im Gespräch mit dem Mieter stellt sich nämlich heraus, dass dieser unglaublich wütend darüber ist, dass ihm der Vermieter „das Messer an den Hals setzt“. Er fühlt sich total machtlos und hat sich in seinem „Kopfkino“ in eine ausweglose Situation hinein manövriert. Seine inneren Bilder blockieren wie ein großer Felsblock den Blick auf eine Lösung. Man muss ihn zuallererst aus seiner „Opfer-Psychologie“ herausholen.

Im Einzelgespräch mit dem Vertreter des Gebäudeinhabers kommt rasch zutage, dass dieser sich zwar weitere Alternativen vorstellen kann, dass ihn jedoch die Anfeindungen des Vermieters so gekränkt haben, dass er sich eine weitere Zusammenarbeit mit der Dienstleistungsunternehmung auf dieser Basis nicht wünscht. Als im gemeinsamen Gespräch beide mit Hilfe des Mediators ihre wirklichen Themen vortragen können, schalten irgendwie plötzlich alle inneren Lösungs-Ampeln auf „GRÜN“. Die Gefühle haben ihre blockierende Wirkung verloren, die Tür zu einer Einigung ist aufgestoßen.

Die Vereinbarung kommt dann ganz rasch zustande und man einigt sich auf die Alternative, die sich eigentlich auch bereits am Anfang abzeichnet hatte. Zuerst mussten jedoch in den Bäuchen der Beteiligten Widerstände zurechtgerückt werden, damit alle mit einem wirklich guten Bauchgefühl zustimmen können. Weil der Mediator um die Kraft von Emotionen wusste, hat er die Blockade mit Empathie und Mut am richtigen Ort angepackt und damit den Knoten zerschlagen.


Fazit: Um wirklich fruchtbringend zu vermitteln ist behutsame, empathische und liebevolle Hinwendung zu den „weichen Themen“, nämlich Emotionen und möglichen Verletzungen, entscheidend. Das erfordert von Mediatoren gutes Gespür für Schwingungen, ein Ohr für Zwischentöne sowie Empathiefähigkeit und Mut, Gefühle anzusprechen. (Autor: Hanspeter Lanz)



Mitgliederversammlung 2015 – voraussichtlich an einem November-Freitag

Wir planen, unsere diesjährige Mitgliederversammlung wieder im November durchzuführen (womöglich an einem der folgenden Freitagabende: 6., 13. oder 20. November). Sie werden rechtzeitig eine Einladung erhalten.


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Beiträge zu unseren Newsletters sind jederzeit willkommen. Bitte wenden Sie sich an unsere Mail-Adresse!


Wir wünschen Ihnen einen weiterhin guten Sommer 2015 und in Ihrer Rolle als Mediatorinnen und Mediatoren viele abwechslungsreiche und spannende Mediationsmandate.


Herzliche Grüße

Der  Vorstand
Hanspeter Lanz | Simone Lang | Hartmut Severing